Elisabeth Schulz

Eli­sa­beth Schulz

Projektmanagerin, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Uelzen

2.500 Kubik­me­ter — In die­ser Grö­ßen­ord­nung liegt die Men­ge neu­en Grund­was­sers, die im Mit­tel jähr­lich in Deutsch­land auf bzw. unter einem Hekt­ar Acker­land gebil­det wird. Natür­lich hängt die Men­ge erst­mal von der regio­nal­ty­pi­schen Nie­der­schlags­men­ge sel­ber ab. In den Win­ter­halb­jah­ren – d. h. wenn der Ver­brauch durch die Pflan­zen ruht – ver­si­ckert dann beson­ders unter san­di­gen Böden ein gro­ßer Anteil der Nie­der­schlä­ge und ergänzt den Grund­was­ser­vor­rat. Dage­gen geben bin­di­ge Böden, wel­che die Nie­der­schlä­ge gut im durch­wur­zel­ten Bereich spei­chern kön­nen, ver­gleichs­wei­se wenig Was­ser in das Grund­was­ser ab. Die Grund­was­ser­neu­bil­dung unter Wald – beson­ders unter dem immer­grü­nen Nadel­wald – ist deut­lich gerin­ger als unter Ackerland.

Wel­che Bedeu­tung hat Grund­was­ser für die Land­wirt­schaft in Deutschland?

Bei Pflan­zen besteht ein unmit­tel­ba­rer, weit­ge­hend linea­rer Zusam­men­hang, also ein fes­tes Ver­hält­nis, zwi­schen der ver­brauch­ten Was­ser­men­ge und der dar­aus von der Pflan­ze gebil­de­te Tro­cken­mas­se (Liter pro Kilo­gramm). Das Was­ser dafür kann aus Grund­was­ser – dort, wo es für die Wur­zeln ober­flä­chen­nah ver­füg­bar ist – oder aus vom Boden gespei­cher­ten Nie­der­schlä­gen kom­men (Boden­was­ser). Z. B. die frucht­ba­ren Böden der Bör­de­re­gio­nen kön­nen die Win­ter­nie­der­schlä­ge fast voll­stän­dig spei­chern, so dass die Pflan­zen sich in Tro­cken­pe­ri­oden aus dem im Win­ter­halb­jahr gesam­mel­ten Boden­was­ser „bedie­nen“ kön­nen. Wo aller­dings sowohl der Grund­was­ser­an­schluss der Pflan­zen­wur­zeln als auch aus­rei­chen­de Spei­cher­ei­gen­schaf­ten des Bodens feh­len, wer­den man­cher­orts in Tro­cken­pe­ri­oden mit Hil­fe der Feld­be­reg­nung aus Grund­was­ser die Ern­ten und Qua­li­tä­ten auf­wän­dig geret­tet. Wegen ihrer siche­ren Erträ­ge und Pro­dukt­qua­li­tä­ten ent­wi­ckel­ten sich sol­che Bereg­nungs­re­gio­nen — trotz der hohen Kos­ten für die Bewäs­se­rung — zu hoch­spe­zia­li­sier­ten und gefrag­ten Marktpartnern.

Wel­che Rol­le spielt der Kli­ma­wan­del und die Anpas­sung dar­an für die land­wirt­schaft­li­che Grund­was­ser­nut­zung in Deutschland?

Wegen der zuneh­men­den Häu­fig­keit, aber auch zuneh­men­den Dau­er der Tro­cken­pha­sen, stellt sich mitt­ler­wei­le für immer mehr land­wirt­schaft­li­che Flä­chen bzw. für ihre Bewirt­schaf­ter die Fra­ge nach dem „Ein­stieg“ in die teu­re Bewäs­se­rung (Feld­be­reg­nung) oder nach ihrer Aus­wei­tung – und damit nach der Grund­was­ser­ver­füg­bar­keit. Stei­gen­de Tem­pe­ra­tu­ren bedeu­ten außer­dem, dass die Ver­duns­tung zunimmt – das heißt, dass ein im durch­wur­zel­ba­ren Boden gespei­cher­ter Was­ser­vor­rat frü­her ver­braucht ist. Zusam­men­fas­send führt das dazu, dass die land­wirt­schaft­li­che Nach­fra­ge nach Grund­was­ser steigt.

Was sind die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen in Bezug auf die land­wirt­schaft­li­che Grundwassernutzung?

Land­wirt­schaft­li­che Betrie­be dür­fen nur dort Grund­was­ser zur Feld­be­reg­nung nut­zen, wo nach­ge­wie­sen wur­de, dass sowohl die ört­li­chen Gewäs­ser und Land­öko­sys­te­me als auch die Trink­was­ser­ver­sor­gung sicher geschützt sind.

In jenen Regio­nen, wo sich abzeich­net, dass zusätz­li­che Grund­was­ser­ent­nah­men die Öko­sys­te­me even­tu­ell schä­di­gen könn­ten, muss die­se Fra­ge durch lang­wie­ri­ge und teu­re hydro­geo­lo­gi­sche, boden­kund­li­che und natur­schutz­fach­li­che Unter­su­chun­gen sowie – falls schließ­lich eine Erlaub­nis gewährt wird – durch ein dau­er­haf­tes Moni­to­ring geklärt wer­den. Ein sol­ches Ver­fah­ren bedeu­tet für die antrag­stel­len­den Betrie­be einen sehr hohen finan­zi­el­len und orga­ni­sa­to­ri­schen Auf­wand – dem ist nicht jede/r gewach­sen, und auch ein Risi­ko, weil offen ist, ob die bean­trag­te Grund­was­ser­men­ge über­haupt ver­füg­bar sein wird.

Dar­über hin­aus kön­nen erteil­te Grund­was­ser­ent­nah­me­er­laub­nis­se ohne Aus­gleich wider­ru­fen wer­den, falls ent­spre­chen­de neue Erkennt­nis­se vor­lie­gen. Da der­ar­ti­ge nach­träg­li­che Kür­zun­gen bis­her kei­ne Bedeu­tung hat­ten, wird die­ses Risi­ko oft in der Land­wirt­schaft aus­ge­blen­det, obwohl auf der Grund­la­ge der erlaub­ten Ent­nah­me­men­gen enor­me acker­bau­li­che Fol­ge­inves­ti­tio­nen fußen.

Wel­che Bei­trä­ge kann die Land­wirt­schaft für eine nach­hal­ti­ge Grund­was­ser­be­wirt­schaf­tung lie­fern? Wel­che inno­va­ti­ve Ansät­ze gibt es?

Die nach­hal­ti­ge Grund­was­ser­be­wirt­schaf­tung wird durch die ört­lich zustän­di­gen Was­ser­be­hör­den sicher­ge­stellt. Ein Bestand­teil davon ist, dass sie die erlaub­ten Ent­nah­me­men­gen begren­zen. Teil­wei­se — z. B. in Nie­der­sach­sen, wo Feld­be­reg­nung eine lan­ge Tra­di­ti­on hat — wird zusätz­lich all­jähr­lich ein ver­brauchs­ab­hän­gi­ges Ent­gelt berechnet.

In eini­gen Regio­nen, in denen eine hohe Nach­fra­ge nach Feld­be­reg­nung auf ein über­schau­ba­res Grund­was­ser­an­ge­bot trifft, stieß die Bereg­nungs­land­wirt­schaft Pro­jek­te an, in denen nach neu­en Wegen zur Beschaf­fung von Bereg­nungs­was­ser gesucht wird. Beson­ders bedeu­tend war z. B. der Bau des Elbe-Sei­ten­ka­nals in Nie­der­sach­sen in den 1970ern, der schon damals neben der Schiff­fahrt auch für die Bereit­stel­lung von Bereg­nungs­was­ser aus­ge­rüs­tet wur­de – qua­si ein regio­na­ler Was­ser­im­port. Auch wird bereits Pro­zess­was­ser aus der Nah­rungs­mit­tel­er­zeu­gung wäh­rend des Win­ter­halb­jahrs in Becken für die Feld­be­reg­nung zwi­schen­ge­la­gert, um Grund­was­ser­vor­rä­te zu scho­nen. Beson­ders inno­va­tiv ist die Ver­si­cke­rung von gerei­nig­tem kom­mu­na­lem Abwas­ser auf einem Wald­stand­ort (ca. 35 Hekt­ar), wo sich das Grund­was­ser erst tie­fer als 20 Meter unter der Ober­flä­che fin­det. Trink­was­ser­ge­win­nungs­ge­bie­te befin­den sich nur in wei­ter Ent­fer­nung. Das Beson­de­re ist, dass die Kos­ten, um das Was­ser lau­fend dort­hin zu pum­pen, von ört­li­chen Bereg­nungs­land­wir­ten getra­gen wer­den. Im Gegen­zug dür­fen sie den größ­ten Teil der ver­si­cker­ten Men­ge spä­ter wie­der durch ihre Bereg­nungs­brun­nen ent­neh­men – also eine Nut­zung des Grund­was­ser­lei­ters als natür­li­ches, unter­ir­di­sches Speicherbecken.


Eli­sa­beth Schulz ist Pro­jekt­ma­na­ge­rin der Fach­grup­pe Nach­hal­ti­ge Land­nut­zung — Länd­li­che Ent­wick­lung, Bezirks­stel­le Uel­zen der Land­wirt­schafts­kam­mer Niedersachsen