„Als Hydro­geo­lo­ge, der sich vie­le Jah­re beruf­lich mit der Erschlie­ßung von Grund­was­ser­res­sour­cen – u.a. in Afri­ka – beschäf­tigt hat, ist es mir auch per­sön­lich ein beson­de­res Anlie­gen, dass die Mensch­heit das Ziel einer siche­ren Was­ser­ver­sor­gung für alle bald­mög­lichst erreicht.“

Prof. Dr. Ralph Watzel

In naher Zukunft sol­len alle Men­schen auf der Welt einen Zugang zu Basis­dienst­leis­tun­gen wie Gesund­heit, Bil­dung, Ener­gie und Was­ser haben. Die Ver­ein­ten Natio­nen haben 2015 mit der Ver­ab­schie­dung ihrer 17 Nach­hal­tig­keits­zie­le – den „Sus­tainable Deve­lo­p­ment Goals“ (SDG) – äußerst ehr­gei­zi­ge Vor­ha­ben pos­tu­liert. Beschrie­ben wird dar­in ein umfas­sen­der Hand­lungs­rah­men für die glo­ba­len Her­aus­for­de­run­gen und für eine nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung inner­halb der Staa­ten­ge­mein­schaft bis 2030. Doch wie weit sind wir bereits auf die­sem Weg?

Blickt man anläss­lich der weg­wei­sen­den zwei­ten Was­ser-Kon­fe­renz der Ver­ein­ten Natio­nen auf das zen­tra­le Nach­hal­tig­keits­the­ma der siche­ren Was­ser­ver­sor­gung für alle Men­schen, so muss man lei­der fest­stel­len, dass wir noch weit von die­sem Ziel ent­fernt sind. Rund ein Vier­tel der Mensch­heit (2,2 Mil­li­ar­den Men­schen) hat noch immer kei­nen Zugang zu siche­rem Trink­was­ser. Etwa jedem zwei­ten Men­schen ste­hen kei­ne Sani­tär­ein­rich­tun­gen zur Ver­fü­gung, jeder drit­te Mensch muss auf grund­le­gen­de Hygie­ne wie Hän­de­wa­schen mit Was­ser und Sei­fe ver­zich­ten. Mit dem bis­he­ri­gen Tem­po wer­den wir die bis zum Jahr 2030 ver­ein­bar­ten Zie­le klar ver­feh­len – mit schwer­wie­gen­den Fol­gen. Schon heu­te ster­ben Jahr für Jahr Mil­lio­nen Men­schen an den Fol­gen einer man­geln­den Was­ser­ver­sor­gung und unzu­rei­chen­der sani­tä­rer Bedingungen.

Beson­ders dra­ma­tisch ist die Situa­ti­on in Sub­sa­ha­ra-Afri­ka. Allein in die­sem Teil der Welt haben rd. 400 Mil­lio­nen Men­schen kei­nen Zugang zu sau­be­rem Trink­was­ser. Damit ist die Situa­ti­on dort ein war­nen­des Bei­spiel für die glo­ba­le Was­ser­pro­ble­ma­tik. 54 % der städ­ti­schen Bevöl­ke­rung in die­ser Regi­on haben kei­ne siche­re Was­ser­ver­sor­gung, auf dem Land sind es sogar nur 13 % der Menschen.

Die Län­der in Sub­sa­ha­ra-Afri­ka kon­zen­trie­ren sich der­zeit auf die Sicher­stel­lung einer Basis­ver­sor­gung. Dabei wer­den sie von Orga­ni­sa­tio­nen der inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit wie der Bun­des­an­stalt für Geo­wis­sen­schaf­ten und Roh­stof­fe unter­stützt. Das bedeu­tet, dass Dorf­brun­nen oder öffent­li­che Was­ser­stel­len in Stadt­vier­teln min­des­tens in erreich­ba­rer Nähe zur Ver­fü­gung ste­hen, so dass die Men­schen nicht mehr als eine hal­be Stun­de zum Was­ser­ho­len benö­ti­gen. Aktu­ell stellt die­se Anfor­de­rung in vie­len länd­li­chen Regio­nen bereits eine hohe Hür­de dar. Der­zeit ver­fügt ledig­lich nur knapp die Hälf­te der länd­li­chen Bevöl­ke­rung über eine sol­che Basis­ver­sor­gung. Die ande­re Hälf­te muss mit ver­un­rei­nig­tem Was­ser aus­kom­men oder wei­te Fuß­we­ge von teil­wei­se meh­re­ren Stun­den Dau­er auf sich neh­men, um an Was­ser zu gelan­gen. Zeit, die ver­lo­ren geht, um Geld für die Fami­li­en zu ver­die­nen, wobei es in der Regel Frau­en betrifft oder Mäd­chen, die auf die­se Wei­se Bil­dungs­chan­cen ein­bü­ßen – eines der vie­len Hemm­nis­se für die sozio­öko­no­mi­sche Ent­wick­lung von Subsahara-Afrika.

Hin­zu kom­men in Sub­sa­ha­ra-Afri­ka Hun­ger­kri­sen, die eng mit einem feh­len­den Zugang zu Was­ser­res­sour­cen ver­knüpft sind. In vie­len Regio­nen man­gelt es an einer aus­rei­chen­den Bewäs­se­rung von land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen, um auch unter den Bedin­gun­gen des Kli­ma­wan­dels siche­re Ern­ten zu erzie­len und Nah­rungs­mit­tel für die wach­sen­de Bevöl­ke­rung zu pro­du­zie­ren. Dür­ren und Hun­gers­nö­te haben in den letz­ten Jahr­zehn­ten in der Regi­on deut­lich zuge­nom­men. Das Horn von Afri­ka war bei­spiels­wei­se in den letz­ten 23 Jah­ren acht Mal von einer Dür­re betroffen.

Die BGR unter­stützt im Rah­men der deut­schen Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit afri­ka­ni­sche Part­ner­insti­tu­tio­nen auf ver­schie­de­nen Ebe­nen, um die Rah­men­be­din­gun­gen für die regio­na­le Was­ser­ver­sor­gung nach­hal­tig zu ver­bes­sern. So enga­giert sich die BGR in Län­der­pro­jek­ten zur nach­hal­ti­gen Nut­zung und zum Schutz der Grund­was­ser­res­sour­cen und unter­stützt Regio­nal­vor­ha­ben wie die Tschad­see­be­cken­kom­mis­si­on oder die Niger­be­cken­be­hör­de. Zudem bera­ten wir den afri­ka­ni­schen Was­ser­mi­nis­ter­rat AMCOW, ein Gre­mi­um der Afri­ka­ni­schen Uni­on, bei der Ent­wick­lung eines stra­te­gi­schen Grund­was­ser­pro­gramms. Ziel ist es, die Grund­was­ser­res­sour­cen für die Trink­was­ser­ver­sor­gung, Ernäh­rungs­si­cher­heit und sozio­öko­no­mi­sche Ent­wick­lung geziel­ter zu erschließen.

Gemein­sam mit den afri­ka­ni­schen Part­ner­insti­tu­tio­nen wird nach pas­sen­den Lösungs­an­sät­zen für die viel­fäl­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen gesucht, um einen Bei­trag für das Ziel einer siche­ren Was­ser­ver­sor­gung zu leis­ten. Wäh­rend in städ­ti­schen Gebie­ten in rela­tiv kur­zer Zeit vie­le Men­schen über eine zen­tra­le Was­ser­ver­sor­gung erreicht wer­den kön­nen, ist die Situa­ti­on in länd­li­chen Gebie­ten für öffent­li­che Ver­sor­ger oft ein Zuschuss­ge­schäft, wes­halb sich vie­le Men­schen auf dem Land aus Flüs­sen, Seen oder loka­len Quel­len ver­sor­gen müs­sen. Ziel­füh­ren­der wäre eine plan­mä­ßi­ge Erschlie­ßung der vor­han­de­nen Grund­was­ser­res­sour­cen durch die Anla­ge von Brun­nen, mit deren Hil­fe sich ein­zel­ne Häu­ser oder gan­ze Sied­lun­gen mit Was­ser ver­sor­gen lie­ßen. Doch häu­fig fehlt es in vie­len länd­li­chen Gebie­ten am nöti­gen Wis­sen über die ört­li­chen Grund­was­ser­lei­ter, an Kennt­nis­sen im Brun­nen­bau oder an den not­wen­di­gen finan­zi­el­len Mitteln.

Ein Groß­teil der land­wirt­schaft­li­chen Nut­zung süd­lich der Saha­ra erfolgt in Form von Regen­feld­bau und ist damit unmit­tel­bar von Kli­ma­ver­än­de­run­gen betrof­fen. Den damit ver­bun­de­nen Aus­wir­kun­gen kann durch eine sach­ge­rech­te Stei­ge­rung des Bewäs­se­rungs­feld­baus mit Hil­fe einer nach­hal­ti­gen Grund­was­ser­nut­zung ent­ge­gen­ge­tre­ten wer­den. Laut dem aktu­el­len Welt­was­ser­re­port wer­den bis­her ledig­lich drei Pro­zent der land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen bewäs­sert, davon nur fünf Pro­zent mit Grund­was­ser. Gleich­zei­tig bele­gen jüngs­te Ana­ly­sen des bri­ti­schen Geo­lo­gi­schen Diens­tes BGS, dass es gera­de in Sub­sa­ha­ra-Afri­ka flä­chen­mä­ßig weit ver­brei­te­te und aus­rei­chend ergie­bi­ge Grund­was­ser­vor­kom­men gibt, die der­zeit kaum genutzt wer­den. Bis­her grei­fen die Län­der süd­lich der Saha­ra für ihre Trink­was­ser­ver­sor­gung, Land­wirt­schaft und Indus­trie ledig­lich auf ein Vier­tel, in man­chen Fäl­len sogar nur auf 10 % des vor­han­de­nen erneu­er­ba­ren Grund­was­serd­ar­ge­bots zurück.

Ziel ist es daher, mit inter­na­tio­na­len Part­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen Kon­zep­te für die nach­hal­ti­ge Nut­zung von Grund­was­ser­res­sour­cen in Sub­sa­ha­ra-Afri­ka in Ver­bin­dung mit einer ver­bes­ser­ten Bewäs­se­rungs­in­fra­struk­tur zu erar­bei­ten. Auf die­se Wei­se könn­te eine geziel­te Nut­zung der Grund­was­ser­res­sour­cen dazu bei­tra­gen, dass aus Dür­ren kei­ne Hun­ger­kri­sen wer­den und sich die Land­wirt­schaft an Kli­ma­ver­än­de­run­gen anpas­sen kann.

In einer Regi­on, in der die Land­wirt­schaft 65 Pro­zent der Bevöl­ke­rung beschäf­tigt und rund 30 Pro­zent zum Brut­to­in­lands­pro­dukt bei­trägt, sind höhe­re land­wirt­schaft­li­che Erträ­ge von enor­mer sozia­ler und wirt­schaft­li­cher Bedeu­tung. Das Bei­spiel Gha­na zeigt, wie sich posi­ti­ve Ver­än­de­run­gen erzie­len las­sen. Seit­dem dort Grund­was­ser gezielt zur Bewäs­se­rung in eini­gen Regio­nen erschlos­sen wird, ist das Ein­kom­men um 1,5 bis 4,9‑mal höher als im her­kömm­li­chen Regenfeldbau.

Durch eine ver­stärk­te Nut­zung von Grund­was­ser­res­sour­cen erge­ben sich noch wei­te­re Effek­te, die sich auf die gesam­te Wirt­schaft eines Lan­des posi­tiv aus­wir­ken kön­nen. Ergeb­nis­se einer makro­öko­no­mi­schen Modell­rech­nung des Inter­na­tio­nal Food Poli­cy Rese­arch Insti­tu­te (IFPRI), die im Auf­trag der BGR durch­ge­führt wur­de, zei­gen etwa für Ugan­da, dass eine Ver­dop­pe­lung der Grund­was­ser­nut­zung das Brut­to­in­lands­pro­dukt bis zum Jahr 2030 um sie­ben Pro­zent stei­gern könn­te, 600.000 neue Arbeits­plät­ze schaf­fen und eine hal­ben Mil­li­on Men­schen im Land aus der Armut hel­fen würde.

Eine Ver­bes­se­rung der Was­ser­ver­sor­gung könn­te in Sub­sa­ha­ra-Afri­ka dazu bei­tra­gen, meh­re­re UN-Nach­hal­tig­keits­zie­le gleich­zei­tig zu errei­chen: nicht nur alle Men­schen mit sau­be­rem Was­ser zu ver­sor­gen (SDG 6), son­dern u.a. auch zur Bekämp­fung von Armut (SDG 1), Hun­ger (SDG 2), bes­se­rer Gesund­heit (SDG 3) oder zur Anpas­sung an den Kli­ma­wan­del (SDG13) bei­zu­tra­gen. Der Schlüs­sel liegt in der nach­hal­ti­gen Nut­zung von Grund­was­ser­res­sour­cen. Des­halb unter­stützt die BGR gemein­sam mit Part­ner­insti­tu­tio­nen die­ses Ziel, um die Lebens­grund­la­ge von Mil­lio­nen Men­schen zu sichern und ihnen eine bes­se­re Ent­wick­lungs­per­spek­ti­ve zu geben.